wandern in den westalpen

 

Einer der vielen linteaux sculptés im Royatal (Türstürze aus Schiefer)
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Das Royatal ist weit mehr als nur der Zugang zum Vallée des Merveilles. Nicht überall erwarten einen 'Wunder' - wohl aber traumhafte Wanderwege und Kulturschätze

Das Royatal

 


Ganz im Norden des Royatales kann man das bezaubernde 360°-Panorama geniessen,
über das W.A.B. Coolidge - wohl einer der besten Kenner der Westalpen überhaupt - schon vor über hundert Jahren schwärmte: "... marvellous alpine view from the summit of the Col de Tenda which includes Monte Viso, Monte Rosa, the Matterhorn, the Dent Blanche, the Grand Paradis etc."
Er muss zwar einen sehr, sehr klaren Tag erwischt haben - aber auch an anderen ist die Aussicht noch immer wundervoll.

Das östlichste Tal des französischen Départements Alpes-Maritimes gilt zwar vorrangig als Tor zum Vallée des Merveilles im Parc National du Mercantour, der zweitgrößten Fundstelle prähistorischer Gravuren aus der Bronzezeit im gesamten Alpenraum. Aber das bei uns weitgehend unbekannte Tal hat weit mehr zu bieten: Sechs Ende des 19. Jh. erbaute Forts auf dem italienisch-französischen Grenzkamm, die 'Sixtinische Kapelle der Seealpen' Notre-Dame des Fontaines, mit der Tendalinie eine der attraktivsten Eisenbahnlinen in den Alpen, gut erhaltene mittelalterliche Villages Perchés und vieles, vieles mehr.

Die kunstvoll angelegte alte Passtraße an der Südrampe des Passes lässt erahnen, dass hier früher ein bedeutender Handelsweg verlief - eine der bedeutendsten Handelsrouten im Alpenraum, die alpenquerende Verbindung zwischen Provence und Po-Ebene, auf der das damals für die Konservierung von Fleisch und Fisch benötigte Salz aus dem Rhonedelta in die oberitalienischen Metropolen und in die Schweiz befördert wurde, eine der sogenannten 'Salzstraßen'.

Entlang dieser 'Route du Sel' - die später zunächst 'Route Ducale' und, nach dem Aufstieg Savoyens zum Königreich 1714, 'Route Royale' genannt und karossabel ausgebaut wurde - entfaltete sich lebhafter Handel, und die kleinen Orte prosperierten.
Auf einem der großen französischen Wanderwege, dem
'Sentier Panoramique du Mercantour' GR 52A, kann man vom Col de Tende durch das Royatal wandern und dabei Spuren dieses mittlerweile etwas verblassten Ruhmes kennenlernen. Über Tende, die Metropole des oberen Royatales, und La Brigue, die beide erst seit 1947 zu Frankreich gehören und durchaus auch ihr italienisches Erbe hochhalten, gelangt man zu zwei 'Sehenswürdigkeiten', die weit über die Region hinaus bekannt sind: die berühmte Kapelle Notre-Dame des Fontaines an der Stelle eines im 2. oder 3. Jahrhundert entstandenen Tempels, die ab 1452 von den Maler-Predigern Giovanni Baleison und Giovanni Canavesio mit kunstvollen Temparamalereien ausgestaltet wurde, und die durch ihre asymetrisch verwegene Konstruktion bekannt gewordene Steinbrücke Pont du Coq aus dem 16. Jahrhundert. Weiter über Saorge, wo 5-, 6- und 7-geschossige Häuser dicht aneinandergedrängt direkt am Berg zu kleben scheinen und zusammen hoch über der Roya eine Art ockerfarbenes Trutznest, eines der schönsten 'Villages Perché' der Region, bilden, gelangt man nach Breil - und ist dort dem Mittelmeer schon sehr nah, wandert auch längst unter Olivenbäumen.

Aber auch wer es lieber 'alpiner' hat, kommt auf seine Kosten, seit Coolidge von der Region schwärmte, hat sich das Terrain schließlich nicht verändert - nur ist dieses lange so umkämpfte Grenzgebiet heute schrankenlos zu durchwandern. Die Reize dieses Tales sind augenfällig: Wo sonst kann man schon Dreitausender finden, die nur 60 Kilometer Luftlinie vom Mittelmeer entfernt sind? Mit ausgezeichnet angelegten Wegen, die die Konkurrenz mit sogenannten 'Prämiumwegen' nun wirklich nicht zu scheuen brauchen. Und das ganz ohne den Rummel, der sonst vielerorts in ähnlich attraktiven Regionen herrscht.

Der rote Weg der Via Alpina umrundet fast das gesamte obere und mittlere Royatal - macht zwischendrin nur noch einen Abstecher in die Ligurischen Alpen: An der Baisse du Basto hoch über dem Vallée du Merveilles erreicht sie das Tal, zieht weiter über eine besonders aussichtsreiche Panoramastrecke entlang des französisch-italienischen Grenzkamms und erreicht das Tal wieder am 'Redentore', der Christusstatue auf dem Monte Saccarello, errichtet "A Protezione della Liguria et delle Valli Sottostanti".

Die Wegbeschreibung hierzu und zusätzliche Varianten, Hinweise zu Übernachtungsmöglichkeiten - aber auch viele Hintergrundinformationen findet sich in unseren Wanderführern 'Auf der Via Alpina durch Seealpen und Ligurische Alpen, Teil 1' und 'Auf der Via Alpina durch Seealpen und Ligurische Alpen, Teil 2'.

 

 

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Wunder über Wunder
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Sentier Panoramique du Mercantour GR 52A
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