Es gibt Berge, die sieht man so oft aus der Ferne, dass
man irgendwann einfach hinauf muss!
Der Mont Mounier (2817 m), Kulminationspunkt zwischen Var- und Tinéetal,
ist so ein Berg!
Das Observatorium,
das 1893 auf dem Gipfel errichtet wurde, steht leider nicht mehr, es
fiel 1910 einem Brand zum Opfer. Aber Ende des 19. Jahrhunderts trug
es dazu bei, dass der Mont Mounier zum meist besuchten Berg des Départements
wurde. Dabei wurde anscheinend jeder Wanderer genau vermerkt: exakt
123 sollen es zum Beispiel zwischen August 1895 und April 1896 gewesen
sein. Auch Damen waren darunter, heißt es!
Damals waren es Tagestouristen,
die den Gipfel bestiegen, meist von Beuil aus (das heute um einiges
bekanntere Valberg existierte noch nicht).
Einmal auf den Gipfel und auf gleichem Weg zurück ist natürlich
auch heute noch ein beliebter Tagesausflug (ab Valberg 9 Stunden aller/
retour), aber viel schöner ist es, ihn parallel zum Grenzkamm zu
überschreiten.
Der blaue Weg der Via Alpina
führt in den Seealpen auf neun bis zehn Etappen von Sospel bis
zum Col de Larche und passiert unterwegs auf 2585m (Stèle Vallette)
die Abzweigung kurz unter dem Gipfel des Mont Mounier.
Man startet in Sospel, nur 20 Kilometer
vom Mittelmeer entfernt und einst wichtige Station an einer der bedeutendsten
Handelsrouten zwischen dem Piemont und Nizza. Der Weg beginnt am Pont-Vieux,
der Zollbrücke aus dem 13. Jahrhundert, die heute das Wahrzeichen
des Ortes darstellt. Weiter geht es hoch über Frankreichs kleiner
'chinesischer Mauer', die zur wohl schönst gelegenen Kapelle der
Region Notre-Dame de la Menour führt, Richtung Col de Turini. Der
wenig spektakuläre Pass ist fest in der Hand von Autofahrern, die
hier ihre eigene Rallye Monte Carlo nachspielen. Dafür lohnt ein
Ausflug zur Redoute an der Pointe des Trois Communes mit phänomenalem
Ausblick auf das Mercantour-Massiv.
An den Hängen des Vésubietales
entlang geht es nach Norden bis nach Saint-Martin de Vésubie,
wo nach einige verblasste Belle-Epoque-Bauten daran erinnern, dass das
Hinterland der Côte d'Azur einmal 'très chic' war. In fast
genau westlicher Richtung geht es weiter, bis in Roure, kurz hinter
Saint-Sauveur-sur-Tinée, die Besiedlung endet und der 'Anlauf'
zum Mont Mounier beginnt. Es folgt der Aufstieg bis zum Refuge de Longon,
einer zur Gîte umgebauten Vacherie, bevor die längste Etappe
dieser Tour in Angriff genommen werden kann: Wer nicht nur bis zum Col
de Crousette, sondern auch auf den Gipfel des Mont Mounier möchte,
sollte 9 Stunden reine Gehzeit bis nach Roya einkalkulieren. Dass sich
diese Mühe lohnt, belegen hoffentlich nebenstehende Fotos besser
als lange Erklärungen!
Zudem lockt am Ende dieses langen Wandertages
das liebevoll zur Gîte umgebaute alte Schulhaus von Roya mit allen
Angenehmlichkeiten. Roya hatte einmal über 300 permanente Einwohner,
und erst 1950 wurde die Schule geschlossen. Heute lebt nur noch der
Gîtebetreiber ganzjährig in dem kleinen Ort.
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